Musikgrößen im Fokus – Der Lautenist Silvius Leopold Weiss

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© [Axel Bueckert] /Adobe Stock

Im ersten Artikel der Reihe „Musikgrößen im Fokus“ geht es um den wohl besten und angesehensten Lautenisten aller Zeiten, Silvius Leopold Weiss. Der Virtuose aus der Barockzeit beeindruckte an der Laute nicht nur seine Zeitgenossen, noch heute werden seine Werke auf der Konzertgitarre nachgespielt. Entdecke die Wurzeln des Gitarrenspiels und erfahre mehr über das Leben eines außergewöhnlichen Musikers.

1. Exkurs: Die Laute

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Eine Laute ist ein Saiteninstrument und erfüllt die Vorgängerrolle der Gitarre. Charakteristisch ist ihr ovaler, voluminöser Korpus mit 5 – 13 Saiten. Während der Renaissance galt sie als Königin der Instrumente, ihre Bedeutung verringerte sich allerdings mit der Zeit, bis sie zur Zeit der Romantik durch die Gitarre ersetzt wurden. Silvius Leopold Weiss war der letzte große und technisch herausragende Lautenkünstler.

2. Die Anfänge eines Virtuosen

In Grottkau bei Breslau, kam Silvius Leopold Weiss 1687 zur Welt. Sein Vater Johann Jakob Weiss, selbst Lauten- und Theorbenspieler, brachte ihm das Lautenspiel schon im Kindesalter bei. Im Jahr 1706 begann seine professionelle Karriere. Nur vier Jahre später trat er 1710 in die Dienste des polnischen Prinzen Alexander Sobiesky und reiste mit ihm ins Exil nach Rom. Sein Aufenthalt in Rom hatte großen Einfluss auf seine musikalische Entwicklung. Er traf dort viele bedeutende Musiker und nahm die neuen italienischen Stile aus erster Hand auf. Nach dem Tod des Prinzen verließ er Rom, zu diesem Zeitpunkt hatte er schon große Bekanntheit erlangt.

Auf einer Reise nach Prag lernte er den böhmischen Lautenisten Graf Johann Anton Losy (Graf Logy) kennen, der ihn besonders geprägt haben muss. In Gedenken an ihn komponierte er ein Tombeau nach dessen Tod. Es ist eines seiner bekanntesten Werke. „Tombeau sur la mort de M. Comte de Logy arrivee 1721“ wird noch heute auf der Gitarre gespielt.

3. Ein Topverdiener seiner Zeit

Des Reisens müde entschied er sich 1718 für eine feste Anstellung als Kammermusiker am Dresdner Hof des sächsischen Kurfürsten und damaligen König von Polen, August des Starken. Die Bewunderung die Silvius Leopold Weiss entgegengebracht wurde, war riesig. Das wird vor allem durch das überaus hohe Gehalt deutlich, welches Weiss erhielt. Er war mit 1400 Taler der bestbezahlte Musiker am Dresdner Hof. Aber auch Weiss schien sich in Dresden sehr wohl zu fühlen. Eine Anstellung am Wiener Hof schlug er 1736, trotz eines versprochenen Gehalts von 2000 Taler, aus.

Dresden war zu dieser Zeit eine Weltstadt der Künste und Wissenschaften, mit dem besten Orchester des Reichs. Von seinem Dienstherrn wurde Silvius Leopold Weiss oft als musikalischer Repräsentant Dresdens auf Reisen geschickt. Sein Können als Spieler und Begleiter war legendär, ebenso wie seine Improvisationsgabe, darin wurde er sogar mit J.S. Bach verglichen.

4. J.S. Bach und S.L. Weiss – zwei Ausnahmekünstler vereint

Vermutlich waren sich Bach und Weiss schon vor ihren zwei belegten Begegnungen 1739 und 1740 gut bekannt. Denn Weiss freundete sich mit Bachs Sohn, Wilhelm Friedemann Bach an, der ab 1733 Organist in der Dresdner Sophienkirche war.
Bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Leipzig im Jahr 1739, nahm W.F. Bach seinen Kollegen Weiss mehrfach mit in die Wohnung seines Vaters, wo sie zusammen musizierten.
J.F. Reichardt erzählt sogar von einem Treffen der beiden Musiker, bei dem sie ihr Können auf die Probe stellten und um die Wette improvisierten.

J.S. Bachs Suite für Violine und Cembalo in A-Dur BWV 1025, die erst kürzlich als Bearbeitung einer Lautensonate von Weiss identifiziert wurde, verdankt ihren Ursprung möglicherweise einer dieser besonderen Begegnungen.
Der erste Biograph Bachs erkannte, dass sowohl Bach als auch Weiss es verstanden, eine Synthese aus dem französischen und italienischen Stil herzustellen, die diese Epoche dominierte.

Mit Silvius Leopold Weiss verabschiedete sich auch das Lautenspiel

Auf dem Gipfel seiner Karriere angekommen, unterrichtete Weiss bis zu seinem Lebensende Schüler, darunter auch adlige, aus vielen verschiedenen Ländern. Er galt und gilt als der größte aller Lautenisten, wobei das Instrument innerhalb von zwei Jahrzehnten, nach seinem Tod 1750 in Dresden, in Verfall geriet.

5. Werke und Wiederentdeckung

Silvius Leopold Weiss war einer der bedeutendsten und produktivsten Komponisten in der Geschichte der Lautenmusik. Er schrieb über 600 Stücke für Sololaute, die meisten davon zu Sonaten oder Suiten zusammengestellt, die meist aus barocken Präludien und Tanzsätzen bestehen. Weiss schrieb ursprünglich auch ein umfangreiches Repertoire an Kammermusik, Lautenduetten und Konzerten, von denen aber nur die Solostimmen erhalten sind.

Als Weiss noch lebte wurde nur ein einziges seiner Stücke gedruckt. Seine Kompositionen blieben lange Manuskripte, bis sie im 20. Jahrhundert durch Veröffentlichungen bekannt wurden. Die erste Gesamtausgabe der Werke von Weis kam 1980 heraus.
Sein Stück „Fantaisie en Ré mineur“ gehört zu den schönsten barocken Lautenkompositionen und eignet sich hervorragend als Vortragsstück für die Gitarre. So wird das Meisterwerk noch heute auf Bühnen der ganzen Welt interpretiert.

6. Fazit

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Die Gitarre ist ein Instrument welches sich in seiner Spielpraxis und Bauweise entwickelt hat und ständig weiterentwickelt. Während heutige Entwicklungen vor allem durch den Zugewinn musiktechnischen Equipments möglich sind, ist es auch immer interessant einen Blick in die Vergangenheit zu werfen um herauszufinden, welche Epochen für unser heutiges Musizieren die Grundlage ebnen.

Silvius Leopold Weiss hat mit seinen Kompositionen ein Klangwerk der Meisterklasse erschaffen, mit Stücken die Gitarristen noch heute gern in ihrem Repertoire interpretieren und so zu neuem Leben erwecken. Seine Musik zeichnet sich durch ein unvergleichliches Verständnis der Möglichkeiten seines Instruments aus.