Die Macht unterrichtsfreier Zeit – Ferien
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Natürlich ist es naheliegend, dass du deinem Kind speziell in den Ferienzeiten Abwechslung bieten möchtest. Sport in einem Verein oder das Lernen eines Musikinstrumentes nehmen Raum im täglichen Leben eines Kindes ein. Ferien dürfen frei von Lernen und Anforderungen sein. Warum das so ist, erfährst du in diesem Beitrag.
1. Der Schwerpunkt hat sich verlagert
Das menschliche Leben besteht aus Aktivität und Ruhepausen. Letztere scheinen immer weniger zum Alltag zu gehören. Eine der wichtigsten Ruhephasen ist der Schlaf. Denn im Schlaf wird verarbeitet, was sich tagsüber angesammelt hat. Sind das zu viele Informationen, wird es Zeit für eine Pause. Dies gilt für Menschen aller Altersgruppen. Darum kann es sinnvoll sein, schon für unsere Jüngsten im Kindergarten genug Ruhezeiten einzuplanen.
Kinder sind zunehmend Reizüberflutungen ausgesetzt. Neben technischen Geräten spielt auch Leistungsdruck in diesem Kontext eine zunehmend bedeutende Rolle. Viele außerschulische Aktivitäten lassen das Zeugnis attraktiver erscheinen. Der Spaß an der Aktivität und damit am Lernen kann dabei schon mal in den Hintergrund geraten. Regelmäßiger Sport hält zwar den Körper fit, aber auch dabei schleicht sich das Konkurrenzdenken ein. Bis zu einem gewissen Maß kann dies einen Anreiz darstellen, ist dieses überschritten, kann es das Gegenteil bewirken. Was ich uns und unseren Kindern wünsche, sind Freiräume zum Träumen und zum Verinnerlichen von Dingen, mit denen wir uns in der Freizeit und beim Lernen beschäftigen.
2. Stille und Aktivität – Lernen braucht beide Seiten
Die Ferienzeit bietet deinem Kind die Möglichkeit sich seine Aktivitäten frei einzuteilen und dem inneren Antrieb zu folgen. Unterrichtsfreie Zeit sollte bedeuten, dass es keinen Zwang zum Lernen gibt. Ob es sich um Lehrstoff aus der Schule oder den Musikunterricht handelt, ist dabei zweitrangig. Die inputfreie Zeit ist wichtig, damit sich Gelerntes setzen kann und dauerhaft abrufbar ist. Es ist eine Herausforderung unserer Zeit, dass sie immer schnelllebiger wird. Dabei kann es schon mal passieren, dass Quantität über Qualität gestellt wird. Ruhepausen laden dich und dein Kind dazu ein, diesen Prozess umzudrehen und Lerninhalte nicht nur im Tagesbewusstsein sondern langfristig abzuspeichern.
3. Verinnerlichen braucht Ruhephasen
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Dürfen Kinder die Dinge mit allen Sinnen erleben und bekommen sie die Zeit, intensiv in die Erfahrung einzutauchen, läuft dieser Lernprozess ungestört ab. Beispielsweise wird beim Musizieren eine sinnesspezifische Erfahrung gemacht, die das Hören und Fühlen betrifft, aber auch gleichzeitig die emotionale Ebene anspricht. Lernt ein Kind z.B. das Gitarrenspiel, braucht es Zeit zur Verinnerlichung. In diesem Fall dürfen auf Übungseinheiten regelmäßige Pausen folgen um dem musikalischen Stoff genügend Zeit zur Verarbeitung einzuräumen.
Wer musiziert, weil er es liebt und weil es ein Ausdruck seiner Seele sowie seines Daseins ist, profitiert von Ruhezeiten umso mehr. Speziell die unterrichtsfreie Zeit sollte genutzt werden, um einfach nur musizieren zu dürfen – ohne Forderungen, ohne Druck und ohne Zeitmanagement. Damit stärkst du die Resilienz (die psychische Widerstandskraft) deines Kindes.
4. Unterrichtsfreie Zeit – die unterschätzte Pause
Ferien sollten nicht nur freie Zeit von der Schule sein. In den Ferien sollte dein Kind seinem inneren Antrieb folgen dürfen. Hat es Lust, weiterhin mit seinem Instrument zu üben oder wünscht es sich eine Auszeit – beides darf sein und ist gleichermaßen förderlich. Auch wenn wir nicht alle Aspekte des Lernens sehen können, ist der Geist trotzdem in Bewegung. Auch die Psyche braucht Zeit. In dieser können sich gleich einem Puzzle Bausteinchen zusammensetzen und ein Gesamtbild ergeben.
Hat Dein Kind Tage mit dem Üben ausgesetzt, ist das entsprechende Wissen trotzdem abrufbar. Das Gehirn durfte entspannen und sich regenerieren.
Wenn es bei meinem Instrumentalunterricht also unterrichtsfreie Zeit gibt, dann ist das wirklich so gemeint. Damit sich die Gehirnzellen vernetzen, müssen Stille und innere Freiheit vorhanden sein. In der fernöstlichen Welt wird dieser Freiraum durch Meditation geschaffen. In meinem Gitarrenunterricht gilt: eine Pause ist eine kleine Form der Meditation, so ist es auch mit den Ferien. Damit steht dem musikalischen Wachstum und einem gesunden Verhältnis zum Lernen nichts mehr im Weg.